Invicta Taschenuhr
Als Minutenrepetition bezeichnet man die Zusatzfunktion einer Uhr, die auf „Knopfdruck“ die aktuelle Uhrzeit akustisch Minutengenau wiedergibt.
Bei der klassischen Variante ertönt bei Auslösung der Repetition zuerst die Stunde (1 bis 12 Schläge), dann die Viertelstunde (0 bis 3 Schläge) und dann die Minute (0 bis 14 Schläge).
Zur Geräuscherzeugung dienen hierbei zwei kleine Hämmer die auf zwei Ton-stäbe schlagen.
Ein hellerer („Bim“) und ein dunklerer Ton („Bam“) genügt um die aktuelle Uhrzeit wiederzugeben: Um 1:17 Uhr ertönt auf Knopfdruck beispielsweise die Tonfolge Bam – Bimbam – BimBim.
Die vorliegende Taschenuhr erreicht mich in traurigem Zustand. Die Uhr steht und die Repetition schlägt unabhängig von der Uhrzeit irgendeine wilde Tonfolge. Scheinbar gibt es einen größeren Schaden im Räderwerk und die Repetition ist zumindest verstellt, doch dazu später mehr.
Zusätzlich zum Repetitionsmechanismus besitzt die Taschenuhr noch eine Chronographen-Funktion, ein Stoppuhrmechanismus.
(Goldmedaille Bordeaux 1895, Minutenrepetition Ehrendiplom Paris 1896)
Nach der Überprüfung der Gehäusefunktion kann das Gehäuse bereits zerlegt werden um das Uhrwerk auszubauen. An Kronenfunktion oder den Drückern ist kein Mangel feststellbar, das Gehäuse wird nur gereinigt.
Unter dem Zifferblatt wird der Repetitions-Mechanismus und die Zeigerstellung sichtbar. Charakteristisch für die Minutenrepetition ist der mit dem Viertelrohr verbundene „Seestern“, auch Minutenstaffel genannt, mit jeweils vier mal 15 Stufen.
Jedes mal, wenn der Drücker der Repetition voll eingedrückt wird, senken sich mehrere Hebel (Stundenrechen, Viertelrechen und Minutenrechen) herab und landen auf ihren Staffeln mit den vielen Stufen (Stundenstaffel, Viertelstaffel, und Minutenstaffel). Je nachdem, wie tief sich die Hebel absenken konnten, desto länger ist der Weg, den sie anschließend wieder angehoben werden. Die Weglänge bestimmt schließlich dann die Anzahl der Schläge, denn der Kamm auf der Rückseite betätigt beim Rückweg die Hämmer des Schlagwerks.
Beeindruckend ist bei der Minutenrepetition, dass nicht nur ein Hebel die Minute abtastet, sondern es gibt drei Funktionen (Minute, Viertelstunde und Stunde), die miteinander synchronisiert sind und dann auch noch nacheinander und nicht gleichzeitig ablaufen.
Der Hebel (oben rechts) im folgenden Bild ist eine weitere interessante technische Lösung. Bei der Herstellung einer Minutenrepetition ohne diesen Hebel stößt man auf mehrere Probleme. Erstens ist das Timing sehr schwer einzuhalten, dass zur vollen Viertel Stunde keinesfalls mehr 14 Minuten geschlagen werden. Zweitens kann es zum Blockieren des gesamten Mechanismus kommen:
Das Problem zwischen 14 und 0 Minuten
- Die Minutenstaffel dreht sich im Uhrzeigersinn
- Man löse die Repetition aus, wenn der Minutentaster über der tiefsten Stufe steht (14-Minuten-Stufe)
- Der Hebel/Taster wurde bis hinab in die tiefste Stufe gesenkt. Während sich der Hebel langsam wieder anhebt und die Minuten erklingen, dreht sich die Viertelstaffel (Seestern) weiter
- Der Hebel/Taster ist noch nicht voll angehoben und die Minuten noch nicht voll geschlagen, da hat die Minutenstaffel den Hebel schon erreicht
- Die Flanke der höchsten und äußersten Stufe (0-Minuten-Stufe) drückt fest gegen den Minutentaster. Dieser kann sich nicht weiter anheben und die Uhr bleibt stehen
Hier hat man eine elegante Lösung gefunden. Die äußerste Stufe der Minutenstaffel wurde klappbar erstellt, man nennt sie Überfallscheibe. So ist die äußerste sehr breite Stufe komplett aus dem Weg, solange der Taster die 14 Minuten abtastet. Außerdem kann das Timing sehr exakt eingestellt werden, da man exakt nach der Auslösung der Überfallscheibe den Sekundenzeiger auf 0 Sekunden positionieren kann, wodurch man eine sehr genaue Auslösung des Schlagwerks erhält. Drittens reicht die Kraft der Feder der Überfallscheibe nicht aus, um den Minutentaster anzuhalten. Sollte es also doch zu einer Kollision kommen, hebt sich der Taster einfach weiter an und stört sich nicht an dem sanften Druck der Überfallscheibe.
Der Viertelrechen
Das folgende Bild zeigt den fast wie ein Seepferdchen aussehenden Minutentaster. Das „Auge“ ist die Drehachse des Minutentasters, und des darunterliegenden kombinierten Minuten- und Viertelrechens.
- Bei Auslösung der Repetition wird dieser kombinierte Rechen in Gegen-Uhrzeigersinn gedreht, bis seine Tastspitze, der Vierteltaster, auf der Viertelstaffel aufkommt (Die Viertelstaffel befindet sich unter dem Seestern und hat vier Stufen).
- Hierdurch wird die in die Sägezahnung des Minutentasters eingreifende Sperrklinke mit der Rückseite gegen die vergoldete Brücke (über dem Schlitz) gedrückt und lässt den Minutentaster frei.
- Der unter Federspannung stehende Minutentaster dreht sich schlagartig in Gegen-Uhrzeigersinn, bis seine Tastnase auf einer Stufe des Minutenstaffel aufliegt.
- Anschließend hebt die Federkraft des Repetitions-Schlagwerks den Rechen langsam an, der mit seiner Sägezahnung erst die Viertelstunden und anschließend die Minuten abzählt.
Es ist nicht ganz typisch, dass der Vierteltaster und der Viertelrechen auf zwei verschiedenen Bauteilen sitzen. Normalerweise ist der Viertelrechen mit Vierteltaster ein Bauteil und der Minutenrechen mit Minutentaster ein Bauteil. Möglicherweise ist das der Grund, dass das Schlagwerk im vorliegenden Fall überhaupt nicht funktionierte. Der Einsteller hat sich vor einer klassischen Minutenrepetition gesehen und die Funktion der Sperrklinke in diesem besonderen Fall nicht verstanden. Normalerweise würde die Sperrklinke in den kombinierten Minutenrechen mit seinem Taster, nach verklingen der Viertelschläge, eingreifen und ihn dann antreiben.
Hier funktioniert die Repetition jedoch anders. Das „Kinn“ des Seepferdchens definiert die maximale Bewegung des kombinierten Minuten- und Viertelrechens. Die beiden Bauteile sind über die Sperrklinke verbunden und sitzen übereinander auf einer Achse. Es ist in diesem Fall von elementarer Wichtigkeit, dass die Sperrklinke nicht einfach in die Zahnung eingreift, sondern sie muss exakt in den richtigen Zahn eingreifen.
Der sichtbare Schlitz in der vergoldeten Brücke dient dazu, um das richtige Timing der Sperrklinke einzustellen, indem die Brücke etwas nach außen gerichtet wird.
In der vorherigen Einstellung schlug das Schlagwerk chaotisch. Da die Brücke absolut unangetastet aussieht und die Brücke am Schlitz nie justiert wurde, wurde die Repetition wohl seit der Herstellung noch nie korrekt eingestellt. Es hat 120 Jahre seit der Herstellung 1895 gedauert, bis die Uhr bei mir auf dem Werktisch landete und das Uhrwerk zum ersten mal korrekt die Uhrzeit läutete. Es ist mir ein Rätsel, wie dies passieren konnte, die Taschenuhr muss hastig fertiggestellt worden sein, denn sonst wäre es wohl kaum hierzu gekommen. Es gibt dazu bestimmt eine Interessante Geschichte zu erzählen, die aber vermutlich nie ans Licht kommen wird.
Die Stunde wird übrigens über eine weitere Staffel mit 12 Stufen abgezählt, die im oberen Bild unter der Minutenstaffel (Seestern) versteckt ist. Ein Stundentaster (hier bereits demontiert) senkt sich auf diese Staffel herab. Der Stundentaster begrenzt auch den Auslösehebel der Repetition, der direkt vom Schieber außen am Gehäuse betätigt wird. Der 12-Stern unterhalb der Minutenstaffel wird über einen Stift in der Viertelstaffel einmal pro Stunde weitergedreht.
(Die Viertelstaffel sitzt auf der gleichen Welle wie die Minutenstaffel, eine Eben darunter. In ihr sitzt ein kleiner Stift, der den 12-Stern jede Stunde einmal weiterdreht)
Im unten folgenden Bild sieht man verschwommen den Stundenrechen, der als erster nach Auslösung der Repetition die Stunden anschlägt. Das lange Bauteil ganz oben ist die Auslösewippe. Unter ihr sitzten links und rechts die Hammerhebel („Vogelkopf“) für den kleinen Hammer (links) und den große Hammer (rechts).
Wenn die Staffel mit ihren Zähnen die beiden Hammerhebel betätigt, wird auf der anderen Seite des Uhrwerks der Hammer angehoben losgelassen, wodurch er gegen die Tonfeder schlägt.
Man sieht mehrere Federn an den Hammerhebeln, diese haben eine ganz unkomplizierte Funktion: Die Federn auf der Oberseite sind Anschlagfedern, damit der Hammer einmalig und sauber gegen die Tonfeder schlägt. Diese Federn sind auf der Rückseite durch die konische Spitze einer Schraube sehr fein einstellbar.
Die beiden Federn auf der Unterseite sind Rückholfedern, die beim betätigen des Hammers gespannt werden.
Da bei der Minutenrepetition nicht alle Rechen in eine Ebene passen, sondern übereinander liegen, gibt es zwei Hammerhebel übereinander, die beide gleichartig funktionieren.
Im unteren Bild die Fliehkraftkupplung zu sehen, die fest im Getriebe der Repetition integriert ist. Durch die Fliehkraftkupplung wird dafür gesorgt, dass die Antriebsfeder der Repetition langsam abläuft. Ohne die Fliehkraftkupplung würde die Repetition viel zu schnell ablaufen und die Schläge wären unzählbar schnell. Mit der Kupplung läuft das Schlagwerk gemächlich ab und kann leicht gezählt werden.
Es gibt auch noch andere Mechanismen, die für einen langsamen Ablauf des Räderwerks der Repetition verwendet werden können. Bei modernen Weckern findet man öfter das System mit einem Ankerrad und einem Anker, der über die Zähne gleitet und mit einem Gewicht beschwert wurde. Auch einige Repetitionsuhren haben dieses System verbaut.
Bei den meisten Taschenuhren mit Schlagwerk lässt sich die Brücke für die Antriebsfeder inklusive ihrem Gesperr und der Fliehkraftkupplung als kompletter Block abschrauben. Es gibt kein einzelnes Federhaus für das Schlagwerk, sondern nur eine runde Ausfräsung in dieser Brücke. Die Zugfeder wird bei jeder Auslösung gespannt, indem der Federkern gedreht wird – und beim Ablaufen dreht sich der Federkern langsam zurück.
Im nächsten Bild sieht man den Federkern, unter dem die Zugfeder aufgerollt in der Brücke sitzt. Das sichtbare Gesperr hat nur einen Zweck: Beim Spannen der Feder durch Auslösung des Schlagwerks rutscht das Gesperr durch – und nichts passiert. Wenn sich der Federkern aber wieder durch die Federkraft in die Gegenrichtung bewegen möchte, wird über das Gesperr das große Zahnrad im Bild mitgedreht, welches über zwei weitere Zahnräder (hier nicht sichtbar) den Windfang antreibt, wodurch die Ablaufbewegung wie oben beschrieben langsam vonstattengeht.
Auf der anderen Seite des Federkerns, auf einem Vierkant, ist übrigens der oben genannte Stundenrechen befestigt, zusammen mit dem Trieb für den Viertelrechen und weiteren Bauteilen.
Nach Demontage aller Teile der Repetition auf der Uhrwerkseite bleibt noch das Gehwerk (für die Zeitanzeige) und der Chronographenmechanismus übrig.
Die Uhr ist viele Jahre gelaufen, leider auch viele Jahre davon trocken und verschmutzt. Hierdurch ist sogar der obere Rubin-Deckstein der Unruh eingelaufen. Im Zentrum ist eine kleine Punktförmige Spur zu erkennen.
Daher wurde der Deckstein aus der Fassung gelöst, indem der Stein mit einem flachen Putzholz und dem Hammer ausgeschlagen wird…
…dann wird mit einem holen Putzholz der Rubinstein nachgeschliffen und poliert.
Mit heutigen Schleifpasten aus Diamant mit verschiedenen Körnungen ist dies verhältnismäßig einfach zu bewerkstelligen. Früher war Diamantpulver nur von natürlichen Diamanten erhältlich und viel teurer, daher findet man in der klassischen Uhrmacherei hier keine Hilfe. Die größte Schwierigkeit liegt darin, ein Gefühl für den Anpressdruck und die Zeit zu bekommen, die man beim Schleifen und polieren verwendet. Ein wenig zuviel Druck, und die Diamantkörner verhaken sich in der Glasplatte ode rollen, was zu Kratzern führt.
Dieses Bild ist früher entstanden, heutzutage arbeite ich lieber auf einer Zinn- oder Messingscheibe, da sich die Diamantkörner dort leicht eindrücken können und es etwas einfacher ist, sehr kleine teile zu polieren.
Dennoch lässt sich auch auf einer Glasplatte ein lupenreines Ergebnis erzielen. Im letzten Schritt wird die Politur noch mit einem Filz und dem Dremel ganz kurz abgezogen, um einen makellosen Spiegelhochglanz zu erreichen.
Anmerkung: Je nach Qualität des Rubins trifft man beim Nachschleifen auf Einschlüsse, wodurch die Oberfläche unschön wird. Sehr schlechte Rubine mit vielen Einschlüssen lassen sich effektiv nur sehr schlecht nachschleifen und eine perfekte Oberfläche ist nicht erreichbar. In diesem Fall sollte der Stein lieber ersetzt werden, alte Sortimente mit natürlichen Rubin-Uhrensteinen sind noch auf Furniturenmärkten zu bekommen.
Beim weiteren Ausbau des Uhrwerks kommt ein schwerer Schaden zum Vorschein, der obere Zapfen des Ankerrads oder Hemmrads ist komplett abgebrochen. Es gibt mehrere Reparaturmethoden die hier in Frage kommen:
- Zapfen einbohren – erst wird ein Loch in die Welle gebohrt, ein neuer Zapfen eingepresst und anschließend wieder auf das gewünschte Maß rolliert
- Die Welle etwas kürzen und einen Ansatz andrehen, anschließend ein neues Wellenstück aufpressen und einen neuen Zapfen andrehen
- Aufschweißen von Material, anschließend rundschleifen und rollieren des neuen Zapfens (dies war mir zum Zeitpunkt der Reparatur noch nicht möglich, diese Methode ist jedoch heutzutage eine brauchbare Option)
- Neuanfertigung der kompletten Welle
Da ich im vorliegenden Fall eine sehr gute Rohwelle mitsamt Trieb zur Verfügung hatte, habe ich die Welle komplett neu angefertigt und das Hemmrad wieder montiert.
Im Räderwerk sind weitere Zapfen eingelaufen. Diese kann man mit dem Pivofix wieder in perfekten Zustand bringen, eine Zapfenrolliermaschine für Kleinuhren. Oben ist eine Hartmetallscheibe mit feinem Querschliff zu sehen, unten eine Brosche mit Schlitzförmigen einfräsungen, in die man den Zapfen (=Lagerwelle, die im Rubinlochstein läuft) einlegt.
Nach Einrichten der Maschine auf die richtige Höhe und Durchmesse dreht man rechts an der roten Kurbel. Dadurch wird gleichzeitig die Hartmetallscheibe gedreht, und auch das Zahnrad wird von dem Mitnehmer rotiert.
Der Rollimat ist sehr aggressiv und man benötigt einige Erfahrung, damit man nicht zuviel Material abnimmt, denn an einem Zapfen mit 0,15 bis 0,25mm Durchmesser führt eine Materialabnahme von wenigen hundertstel mm schnell zu Ausschuss und der Zapfen muss neu gemacht werden.
Zur Übung sollte man hier lieber erst ein beliebiges Rad aus der Restekiste nehmen, hierdurch kann man auch unkompliziert den Rollimat auf einen gewünschten Durchmesser einstellen.
Gleichwertig ist übrigens der Uhrmacher Handrollierstuhl mit Bogenantrieb (Fiedelbogen), der mit etwas Übung sogar deutlich schneller und sicherer zu handhaben ist und ebenso perfekte Ergebnisse erzielen kann wie der Pivofix.
Hier sieht man, wieso es sehr oft Sinn macht, im Rahmen einer Wartung die Antriebsfeder einer Uhr zu ersetzen. Die Zugfeder links im Bild hat dieselben Maße wie die neue Zugfeder rechts, ist jedoch ermüdet und hat daher einen kleineren Durchmesser im ausgebauten Zustand. Als Faustregel sollte der Durchmesser mindestens dem dreifachen Federhausdurchmesser entsprechen.
Auch neigen ermüdete Federn regelmäßig zum Brechen, was kurz nach einer Wartung der Uhr sehr ärgerlich wäre, da man fast das komplette Uhrwerk wieder auseinanderbauen muss.
Einer der Rubinsteine war gebrochen und der Riss zog sich bis in die Bohrung hinein. Die scharfkantigen Ausbrüche machen den Ersatz des Steins unvermeidlich. Es handelt sich wieder um einen gefassten Stein, nicht um eine Presspassung, wie es bei modernen Uhren mit künstlichen Rubinen der Fall wäre.
Bei der vorliegenden Taschenuhr handelt es sich um einen natürlichen Rubin, der sorgsam gebohrt und in Form gebracht wurde. Solche Steine sind zu brüchig und können nicht eingepresst werden, daher wurde früher stets eine Fassung für die Steine gedreht.
Die Fassung kann geöffnet werden, indem man den alten Rubin mit einem Putzholz ausschlägt und anschließend sehr vorsichtig den Rand der Fassung gleichmäßig aufbördelt, damit der neue Stein wieder eingesetzt werden kann.
Geht man hier vorsichtig vor, kann eine bestehende Fassung fast spurlos geöffnet und wieder geschlossen werden.
Der alte Rubin kommt in den Ersatzteilbeutel.
Im Lager fand sich noch ein farblich hervorragend passender Rubin, der die passende Bohrung hatte. Die Fassung wurde hier auf der Uhrmacherdrehbank mit Planscheibe mit einem speziell angefertigtem Polierstahl und reichlich Öl geschlossen. Vorher muss sichergestellt sein, dass der Rubin absolut perfekt flach und gerade in der Fassung sitzt.
Der Farbvergleich mit einem der alten Rubinsteine zeigt keinen Unterschied zwichen dem neuen und dem alten Rubin.
Ganz zum Schluss, wenn alle Bauteile demontiert sind, nutzt man die freie Sicht um für eine absolut flache und zentrische Spirale zu sorgen.
Die Bauteile der zerlegten Minutenrepetition
Nach der Reinigung werden die Bauteile unter Staubschutzglocken sortiert. Um eine bestmögliche Ölhaltung über viele Jahre zu ermöglichen, epilamisiere ich stets fast alle Bauteile der Uhr. Ein Öltropfen auf einer epilamisierten oberfläche läuft nicht breit, sondern bleibt an Ort und Stelle stehen, egal wie lange die Uhr läuft.
Ich habe eine epilamisierte Testplatte mit einem sehr dünnen Öl, auf der ein Öltropfen mit sehr dünnem Öl bereits seit 10 Jahren unverändert steht. Nebenan, auf der nicht epilamisierten Fläche, war auch ein Öltropfen, dieser war nach wenigen Jahren bereits so breitgelaufen, dass er sich über die ganze Fläche verteilt hat und nicht mehr zu erkennen ist.
Anschließend findet die Montage statt, das Uhrwerk wird montiert und die letzten Einstellungen werden vorgenommen. Ein Großteil der Arbeiten wurde bereits bei der Zerlegung und Reparatur vorgenommen, damit die Montage sauber und zügig vonstattengehen kann. Hier möchte man nicht mehr anfangen zu probieren oder zu testen, sondern das Uhrwerk sollte bereits funktionieren.
In umgekehrter Reihenfolge wie bei der Zerlegung wird jetzt das Uhrwerk montiert und geschmiert.
Nach der Reinigung ist altes Öl, Schmutz und Oxidation entfernt worden und das Uhrwerk erstrahlt wieder in altem Glanz.
Handarbeit auf diesem Niveau findet man heute nur noch bei Uhren zum Neupreis eines Mittelklassewagens, mit Zusatzfunktionen wie Chronograph und Minutenrepetition liegt man schnell bei einer sechsstelligen Summe.
Die weitere Montage bedarf keiner weiteren Kommentare, das Uhrwerk ist eine Augenweide.
Die Räder des Chronographen sind sehr fein verzahnt, hier im Detail. Das mittlere der Räder sitzt auf einer Wippe und wird in das untere Rad (Chronozentrumrad) ein- oder ausgekuppelt wenn man den Chronograph startet oder stoppt.
Die Hebel des Chronographen werden über das zentrale Schaltrad gesteuert. Das Schaltrad selbst wird durch Betätigung des Start-/Stoppdrückers immer einen Zahn weitergedreht. Die Hebel des Chronographen werden entweder von den Säulen angehoben oder fallen wieder herunter, was die verschiedenen Funktionen des Chronographen auslöst.
Mit der erfolgreichen Restaurierung dieser Minutenrepetitions-Taschenuhr haben wir nicht nur ein Meisterwerk der Uhrmacherkunst wieder zum Leben erweckt, sondern auch ein Stück Geschichte bewahrt. Die präzise Mechanik und der unverwechselbare Klang dieser Komplikation erinnern uns daran, welch herausragende Handwerkskunst in jeder einzelnen Uhr steckt – und wie wertvoll ihre Erhaltung für kommende Generationen ist.
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